unser Jareker Sproch
Die Jareker Mundart
von Rosina Greiling (geb. Nunnenmacher) und Franz Greiling, Stuttgart
(Fortsetzung von: Jareker "Sprache")
Auf den nachfolgenden Seiten finden sich Wörter, Sätze und Redewendungen, die für die Jareker Mundart kennzeichnend sind.
Zeitwörter |
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haben |
sein |
werden |
wollen |
können |
leben |
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ich du er mir ihr sie |
hun hoscht |
bin bischt is |
wer werscht wert werre wert werre |
will willscht will wolle wollt wolle |
kann kannscht kann kenne kennt kenne |
leb lebscht lebt leewe lebt leewe |
* Beim Zeitwort "haben" wurde in der Mehrzahl sowohl "hun" als auch "hin" gesagt.
Ein Hinweis, dass sich die Jareker Mundart noch nicht vollkommen vereinheitlicht hatte.
Zahlen
uns, zwaa, drei, vieri, finfi, seksi, siveni, achti, neini, zehni, elfi, zwelfi, dreizehni, verzehni, fuffzehni, sechzehni, sibzehni, achzehni, neinzehni, zwanzich, ununzwanzich . . . schtikr zwaaunzwanzich = etwa zweiundzwanzig.
Familie und Verwandtschaft
di Freind - die Verwandtschaft,
Nooch-Freind - nahe Verwandte
mei Leit - meine Eltern
de Mann, di Fraa - der Mann, die Frau
de Alvadr, di Almodr - der Grossvater, die Grossmutter
Kukandl, Urkukandl - Vorfahr
es Enklche - das Enkelkind
Gschwisterkinner - Vettern und Basen
de Tochtermann, di Seenerin - Schwiegersohn, Schwiegertochter
de Veddr - der Onkel,
di Besl - die Tante (auch andere Erwachsene wurden so genannt)
Pat un Goht - Taufpate und Taufpatin
Grüßen
Gotmorjet - guten Morgen,
Kundach - guten Tag,
Gotnowet - guten Abend,
Gotnacht- gute Nacht
Jahreszeiten
Friejohr, Summer, Schpotjohr un Windr - Frühling, Sommer, Herbst und Winter
tesjohr - heuer,
letschtjohr - letztes Jahr
Mahlzeiten
Morjedesse - Frühstück,
Jausn - Vesper,
Midagesse - Mittagessen,
Nachtesse - Abendessen
Blumen |
Besondere Mitmenschen |
Fajole - Veilchen |
Grosskrischer - Wichtigtuer |
Verschiedenes |
Bewegungen |
blitzbloo - blitzblau |
Kluhnich - sehr klein |
Zustimmung und Ablehnung |
Richtungen |
jo - ja |
ferschich - vorwärts |
Verschiedenes |
Bewegungen |
Untätche - Fehler |
laafe - laufen |
Tätigkeiten und Zustände |
|
inne were - erfahren |
sich richte - sich ankleiden |
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“Wenkersätze” in Jareker Mundart
“Wenkersätze“ sind “Mustersätze” zur sprachwissenschaftlichen Einordnung einer Mundart. Davon gibt es insgesamt 40 Sätze (nach Georg Wenker, 1852 – 1911).
Alle 40 Wenkersätze, sowie die 16 hier aufgeführten als Ton-Dokument in Jarekerischer Mundart, können unter: "Hörproben zu den Wenker-sätzen". angehört und nachgelesen werden.
Die (laufende) Nr. von den entsprechenden (40) Wenkersätzen stehen in Klammern hinter den nachfolgend hier aufgelisteten 16 “Jareker“ Wenkersätzen.
1.) Im Winter fliegen die trockenen Blätter in der Luft herum. (1.)
Im Windr flieje di truckene Blädr in de Luft rum.
2.) Wohin gehst du? Sollen wir mit Dir kommen? (12.)
Wuhie gejscht (du)? Solle mer mit d-r kumme?
3.) Wir sind müde und haben Durst. (23.)
Mir sein mied un hun (hin) Dorscht.
4.) Hinter unserem Haus stehen drei schöne Apfelbäumchen mit roten Äpfelchen. (26.)
Hinr unsrem Haus schtien drei schiene Äpplbiemchr mit rode Äpplchr.
5.) Ich verstehe euch nicht, ihr müsst lauter reden. (31.)
Ich veschtej eich net, ihr misst lauder rede.
6.) Könnt ihr nicht noch ein wenig auf uns warten, dann gehen wir mit euch. (27.)
Känd'r net noch e pisje uff uns warte, no gie mr mit eich.
7.) Das Wort ist ihm (ihr) von Herzen gekommen. (34.)
Des Wort is (e)m (re) vun Herze kumme.
8.) Dies war sehr schön von euch. (35.)
Des war (awr) aarich schie von eich.
9.) Die Leute sind alle draußen auf dem Feld und mähen. (38.)
Di Leit sein alli drauß uf-m Feld un tun mäje.
10.) Habt ihr kein Stückchen Seife auf eurem Tisch gefunden? (32.)
Hed'r ku Schtickche Saaf uf eurem Tisch gfunne?
11.) Der Schnee ist heute Nacht bei uns liegen geblieben. (25.)
De Schnee is heint Nacht bei uns leije gebliwe.
12.) Wir müssen laut rufen (schreien), sonst versteht er uns nicht. (22.)
Mir misse laud rufe (kreische), sunscht veschted-r uns net.
13.) Wem hat er die neueste Geschichte erzählt? (21.)
Wem hod-r die neischt Gschicht vezählt?
14.) Ich will es auch nicht mehr machen. (22.)
Ich will-s aa nimmi mache.
15.) Es hört gleich auf zu schneien, dann wird das Wetter wieder besser. (2.)
Es hert glei uf zu schneiche, no werd-s Wedr widr besr.
16.) Das Feuer war zu stark, der Kuchen ist unten ganz schwarz geworden. (6.)
Es Feier war zu schtark, de Kuche is unne ganz schwarz worre.
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Redewendungen in Jareker Mundart
Wer lang froot, get lang err.
Wer lange frägt, geht lange in die Irre.
Dehum is dehum, un wann-s hiner'm Owe is.
Daheim ist daheim, und wenn's hinter dem Ofen ist.
Was mr weit wegschmeisst, muss mr weit hole.
Was man weit wegschmeisst, muss man weit holen.
Wer lang suppt, lebt lang.
Wer lange Suppe isst, lebt lange.
U Narr macht zehni.
Ein Narr macht zehn (Narren).
Jedem Narr gfallt sei Kapp - un mir mei Hut.
Jedem Narren gefällt seine Kappe - und mir mein Hut.
Des is ausgange, wie uff-s Matze Hochzich - do hot de Letscht ku Leffl mie kriet.
Das ist ausgegangen wie auf Matz"ens Hochzeit - da hat der Letzte keinen Löffel mehr bekommen.
Der muss blosfiesich schlofe gie un kaldes Wasr tringe.
Der muss barfuss schlafen gehen und kaltes Wasser trinken (Strafmass).
Do schaut's aus wie im ewiche lewe.
Da sieht es aus wie im ewigen Leben.
Rumlaafe wie di Kettl im Herbscht.
Herumlaufen wie die "Kettl" im Herbst - schlampig gekleidet sein.
Wie e Galjeschtrick rumlaafe:
Wie ein Galgenstrick herumlaufen - schlampig gekleidet sein.
Ausgelosse, wie e Hund, der vun de Kett loskumme is.
Ausgelassen, wie ein Hund, der von der Kette losgekommen ist.
So dinn wie durch de Milichhaawe gezoo.
So dünn wie durch den Milchhafen gezogen.
Weiss wie de Kalich an de Wand.
Weiss wie der Kalk an der Wand, Ausdruck des Erschreckens.
Klaar wie Quetschebrie.
Klar wie Zwetschgenbrühe - sehr unklar.
Do is so ruhich, dass mr-s Meisje in de Wand hert kratze.
Da ist es so ruhig, dass man das Mäuschen in der Wand kratzen hört.
Fraa, rum di Bedr ab, di Leit wolle hum gie.
Frau, räume die Betten ab, die Leute (Gäste) wollen heimgehen (wenn die Gäste nicht nach Hause gehen wollen).
Geh im Finekl sei Loch!
Geh ins Loch des Dills! (Der enge Hohlraum der Rispe des Dills ist da wohl gemeint. Finekl = Dill)
Dich soll es Jessewedr hole!
Dich soll das "Jessewedr" holen! (Gemeint ist wohl die Heimsuchung, die im Buch Jesaja, Kapitel 66, Vers 15 erwähnt wird.)
Tuscht eirem Kokosch Schtrimp schtricke?
Strickst du eurem Hahn Socken? (Spöttische Bemerkung an eine Person, die das Stricken noch nicht beherrscht. (Kokosch = Hahn)
Was hed'r dann heint gekocht?
Was habt ihr denn heute gekocht? (Die Standard-Frage zur Anknüpfung eines Gesprächs.)
So, seid'r uff Jarek kumme - wann fahrt-r dann widr hum?
So, seid ihr nach Jarek gekommen - wann fahrt ihr denn wieder heim? (Ehrliche Hoffnung, dass der Besucher möglichst lange in Jarek bleibt.)
Wu bischt dann!? Im Himed un zwische de Ohre, wann ich dort net bin, no bin ich velore!
Wo bist Du denn!? Im Hemd und zwischen den Ohren, wenn ich dort nicht bin, dann bin ich verloren!
Was hoscht mr mitgebrunge? E goldenes Nixlche un e silwernes Warteweilche!
Was hast du mir mitgebracht? Ein goldenes "Nichtselchen" und ein silbernes "Warte-ein-Weilchen"! (also nichts mitgebracht!)
Ich bin hungrich! Du bischt hungrich? Schleck Salz, no werscht dorschtich!
Ich bin hungrig! Du bist hungrig? Schleck Salz, dann wirst du durstig!
Do hot de Teifl de Sack ausgeleert.
Da hat der Teufel den Sack ausgeleert. (Viele Menschen auf einem Haufen.)
Mach's Licht aus, das mr ku Loch in de Taag brenne!
Mach das Licht aus, damit wir kein Loch in den Tag brennen!
Ich wollt was saa, jetz hun ich's vegesse - awr-s war net geloo!
Ich wollte etwas sagen, jetzt habe ich es vergessen - aber es war nicht gelogen!
Mei Modr hots schie khat, die hot mei Vadr kheirad, awr ich soll e fremdr Mann heirade.
Meine Mutter hat es schön gehabt, die hat meinen Vater geheiratet, aber ich soll einen fremden Mann heiraten.
Des sein Leit, wie Parresleit.
Das sind Leute, wie Pfarrers.
Sich uffblose wie e Pujkehuhne.
Sich wie ein Truthahn aufblasen.
Mit dene is net gud Kersche esse!
Mit denen ist nicht gut Kirschen essen!
Die rede viel, wann de Taag lang is!
Die reden viel, wenn der Tag lang ist. (Inhaltloses Gerede)
Die sein mit alli Salwe gschmiert!
Die sind mit allen Salben geschmiert!
Die hun di Gscheidheit mit'm Leffl gfresse!
Die haben die Gescheitheit mit dem Löffel gefressen!
Die sein iwerall - wie's bees Geld!
Die sind überall - wie das böse Geld!
Die here nix un seje nix un laafe kunre Halt net noh!
Die hören nichts und sehen nichts und laufen niemanden nach!
Die hun hinne un vorne nix!
Die haben hinten und vorne nichts!
Bei denne is Matthä am Letschte!
Bei denen ist "Matthä" am Letzten! (Die haben nichts mehr!)
Aus'm Äpplkerbche falle.
Aus dem Äpfelkörbchen fallen. (Die Gunst verlieren.)
Sich ins Äpplkerbche lache.
Sich ins Äpfelkörbchen lachen. (Genugtuung, Schadenfreude)
Als Gottrheit e Krott an de Bettschtolle gebunne.
Als Götze eine Kröte an den Bettfuss gebunden. (Ein ungeheures Täuschungsmanöver.)
Es is iwr mich kumme.
Es hat mich überwältigt.
Do werd's am jo pattrich.
Da wird es einem ja bange.
Des hot mich u(e)gemacht.
Das hat mich angesprochen.
Do bin ich schier vepuppert.
Da musste ich in Ungewissheit warten.
Do bin ich schier vezwatzert.
Da bin ich fast verzweifelt.
Do hun ich schier die Fraas kriet.
Da habe ich fast Zustände bekommen.
E Kopp uffsetze.
Beleidigt tun.
E Kopp dricke.
Eingebildet sein.
Es Maul zammepetze.
Schmallippig missbilligen.
Di Aage flieje losse.
Versteckt scharf beobachten.
Aage schmeisse.
Böse Blicke verteilen.
Freindliche Naslecher mache.
Schön tun.
Scheel uff'm Maa sei.
Unpässlich im Magen sein.
Hellicht uff'm Maa sei.
Nüchtern auf dem Magen sein.
Leis im Bauch hun.
Läuse im Bauch haben.
Krank in de Fressbank sei.
Eine Krankheit vortäuschen.
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zwaamiljuneachthunnertzwaaunneinzichtausndsiwehunnertunelfi
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