Pfarrer Franz Morgenthaler

Pfarrer  Franz Morgenthaler


Gründer des Waisenhauses “Siloah” (in Neu Pasua / Nova Pazova)



Aus “Glaube und Tat” vom November 1940

Pfarrer Franz Morgenthaler  (Senior)

Die Gründung und der Ausbau der Waisenanstalt “Siloah" in Nova Pazova (Neu-Pasua) ist aufs engste mit dem Wirken Pfarrer Franz Morgenthalers verknüpft. Viel Liebe, Sorge, Mühe und Zeit brachte er auf, um diese Anstalt zu gründen.

Pfarrer Franz Morgenthaler wurde als Bauernsohn der Eltern Lorenz Morgenthaler und Katharina geb. Böhm im Jahre 1881 in der deutschen SiedIung Jarek (Batschki-Jarak) geboren. Seine theologische Ausbildung erhielt er an der Akademie von Eperejs und an der Universität Leipzig. Nach vollendetem Studium wurde er im September 1905 als Vikar nach Crvenka gewählt. Schon im Dezember desselben Jahres wurde er als Pfarrer der deutschen evangelischen Großgemeinde in Nova Pazova gewählt. Mit viel Segen durfte er in dieser Gemeinde bis zum Jahre 1919 wirken. In den schweren Kriegsjahren 1915 bis 1919 stand er als Senior an der Spitze des kroatisch-slavonischen Seniorates. Das Jahr 1919 war für ihn die schwerste Zeit seines Lebens. Der Zusammenbruch Österreich-Ungarns, der Umsturz, persönliche Lebensgefahr und die Überarbeitung führten zu einer schweren Erkrankung, die ihm jede Arbeitskraft nahm. Er legt seine Ämter nieder und verlässt Nova Pazova. Erst fünf Jahre später tritt er wieder in den aktiven kirchlichen Dienst ein. Vier Jahre wirkt er als Pfarrer in Zabalj. 1928 wurde er von seiner Heimatgemeinde Jarek als Seelsorger berufen. 1934 wird er von Gott dem Allmächtigen aus dem Leben reich an Arbeit in die Ewigkeit abberufen. Seiner Kirche und seinem Volk zu dienen war sein ganzer Lebensinhalt.

Beiden gehörte seine ganze Liebe und Treue. Still, zäh und unaufdringlich tat er seine Arbeit. In die Zeit seiner Wirksamkeit (seines Wirkens als Pfarrer) in Nova Pazova (Neu Pasua) fällt die Gründung der Waisenanstalt “Siloah".

Der Anlass zu ihrer Gründung war ein doppelter: Erstens die Erkenntnis, dass unser evangelischer Glaube sich in tätiger und helfender Liebe bekunden muss und zweitens das bevorstehende 400-jährige Reformationsjubiläum, das im Jahre 1917 von den Gemeinden des kroatisch-slavonischen Seniorates im größeren Rahmen gefeiert werden sollte. Der Dank der feiernden Gemeinden sollte einen sichtbaren Ausdruck finden. Auf Anregung Pfarrer Morgenthalers wurde beschlossen, ein Waisenhaus zu bauen. Dass gerade ein Waisenhaus gebaut werden sollte, hatte darin seinen Grund, dass auf dem Gebiete des kroatisch-slavonischen Seniorates keine Anstalt bestand, in der Waisen und gefährdete Kinder untergebracht und erzogen werden konnten.

Schon im Jahre 1907 wurde mit den Vorarbeiten begonnen. Es wurde ein Helferkreis geschaffen, der durch persönliche Opfer und Werbung die nötigen Geldmittel aufbringen sollte. Viel Verständnis und tatkräftige Hilfe fand Pfarrer Morgenthaler in Andreas Kettenbach aus Schidski Banovci und in der Familie Schumacher aus Nova Pazova. Kirchliche und Gemeinschaftskreise fanden sich bei diesem Werk zusammen.

Für den Bau des Waisenhauses schenkte die politische Gemeinde Nova Pazova einen Bauplatz. Leider erwies sich dieser Platz als sehr ungünstig. Er lag sehr tief und wurde jedes Mal nach einem starken Regen überschwemmt. Auch das Grundwasser war nur sehr wenig unter der Erdoberfläche. Es hat ungeheurer Opfer und Leistungen bedurft des Wassers “von oben und unten" Herr zu werden.

Bis zum Jahre 1917 zu warten fiel Pfarrer Morgenthaler und dem Helferkreis zu schwer. In einem kleinen Gebäude des Pfarrhofes wurden zwei Zimmerchen und eine kleine Küche eingerichtet. Im März 1910 zogen die ersten Waisenkinder in dieses Waisenhäuschen ein.

Es war zu klein. Die Zahl der Kinder stieg, der Raum wurde zu eng. In dieser Not half man sich dadurch, dass ein Bauernhaus gekauft und am 26. April 1910 als Waisenhaus eingeweiht wurde. Dieser Tag gilt als der Gründungstag der Anstalt. Auch dieses Haus sollte nur vorübergehend die Waisenkinder beherbergen. Der Plan zum Bau eines eigenen Gebäudes wurde nicht fallen gelassen, sondern zähe festgehalten. Endlich konnte am 2. Dezember 1912 das eigene stockhohe Gebäude fertig gestellt werden und die Kinder in ihr Waisenhaus “Siloah" einziehen.

Kaum wurde man heimisch, brach der 1. Weltkrieg aus. Die Kinder mussten flüchten und wurden im Waisenhaus in Torschau untergebracht. Das verlassene Haus wurde stark beschädigt und vieles verschleppt. Nach dem Kriege sah es in “Siloah" sehr traurig aus. Es war reif zum Umstürzen.

Vorübergehend tauchte der Versuch auf, das Waisenhaus in Ciganka zu unterbringen. Es wurden dort 20 Joch Feld gekauft und ein Haus für die Aufnahme der Kirche besorgt. In der Nacht vom 28. Oktober 1918 wurde das mühsam hergestellte Haus überfallen und geplündert. Was tragbar war, wurde fortgeschleppt. Glücklicherweise waren die Waisenkinder noch nicht nach gekommen.

Ein noch härterer Schlag war die Erkrankung Pfarrer Morgenthalers und die Niederlegung seines Amtes als Pfarrer in Nova Pazova. Mit seinem Fortgang fehlte der Mann, der sich der Waisenarbeit energisch angenommen hätte. Zwei Jahre ruhte die Arbeit. Erst im Jahre 1921 wurde das Waisenhaus “Siloah“ wieder hergerichtet und von Waisenkindern bezogen. Pfarrer Samuel Schumacher, Senior Binder und der Ortspfarrer Rometsch führten das Werk fort.

Nur langsam erholte sich die Anstalt in den Nachkriegsjahren. Wenn es auch langsam ging, so konnte doch mit Dankbarkeit festgestellt werden, dass es wieder vorwärts geht. Die Kirchengemeinden des syrmischen Seniorates haben sich in steigendem Maße der Anstalt angenommen. Heute (1940) ist es Tradition und Sitte geworden, durch Spenden und durch Haussammlungen zu helfen.

Die Geschichte der Waisenanstalt “Siloah" ist reich an Rückschlägen, aber auch reich an gnädiger Durchhilfe (Unterstützung), Opfer und Liebe.

Obwohl es nur Raum für 15 Kinder hat, musste es oft 20 Kinder beherbergen. Not drängt zusammen. Zur kommenden 150-Jahrfeier der Ansiedlung der Gemeinde Nova Pazova soll auch das Waisenhaus vergrößert werden.

Das Werk, von Pfarrer Franz Morgenthaler begonnen, lebt und will auch weiter ein Zeugnis tätigen evangelischen Glaubens sein.

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(Quelle: “Glaube und Tat“, Zeitschrift des Protestantischer Diakonieverein
                 für Jugoslawien, Werbas, 1940)

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