Die Geschichte der Kirche

Die Geschichte der  Jareker  Kirche


von  Inge Morgenthaler  (geb. Schmidt)

Quelle: Batschki Jarak- Jarek. J. Schmidt et al, Werbas 1937 (S. 105 ff)

In den ersten Jahren nach der Ansiedlung hatte Jarek weder eine Kirche, noch einen Pfarrer. Im Jahr 1890 wurde Pfarrer Johann Gets als Pfarrer eingesetzt. Er starb leider schon 6 Jahre später.

Das erste Gotteshaus Pfarrer in der Gemeinde Jarek wurde von der Kameral Behörde im Jahr 1791errichtet und unterschied sich in keiner Weise von den übrigen Häusern im Ort. Es bestand aus luftgetrockneten Ziegeln und war10 Klafter lang und 3,5 Klafter breit. Es stand da, wo später der Kirchhof war, an der Kreuzung von Hauptgasse und Kreuzgasse. Ein einfacher Glockenstuhl mit der Josefsglocke, einem Geschenk von Kaiser Josef II.  wurde daneben erbaut. Man kann annehmen, dass auch die anderen Kirchengeräte Geschenke der Kameralbehörde waren, obwohl keine Unterlagen darüber erhalten sind.

Das Bethaus war mit folgenden Geräten ausgestattet:“1 Kanzel, ein Altar 1 vergoldeter Kelch, 1 vergoldeter Teller für die Hostien, 1 zinnerne Taufschüssel samt einer Kanne, 1 Hostieneise, 1 Kruzifix, weiter alle Kirchen Bekleidungen und Tücher.“

Bereits im Jahr 1807 schaffte die Kirchengemeine auf eigene Rechnung eine weitere Glocke an, die 445 Pfund wog und von einem Glockengießer in Karlovac hergestellt wurde.

Das bescheidene Bethaus wurde sehr bald zu klein für die wachsende Bevölkerung des Dorfes und war auch baufällig. Von 1802 bis 1818 hatte sich die Bevölkerungszahl mehr als verdoppelt und betrug 892 Menschen. Da war der Bau einer neuen Kirche eine sehr mutige Entscheidung und zeugte von sehr großer Zuversicht und großem Gottesglauben.

Um das Geld für den Bau einer Kirche zusammen zu bekommen, regte der Grundherr, Graf Szechenji an, dass jeder Bauer den 6. Teil seines Feldes mit Raps bepflanzte und den Erlös an den Grafen ablieferte. Dieser sparte das Geld an für den Bau des Gotteshauses. Das reichte natürlich nicht aus und es wurde von jedem einzelnen Jareker noch weitere Opfer für die Kirche erwartet, vor allem auch große Arbeitsleistungen als Handlanger bei den Bauarbeiten.

Die Kirche wurde im spät barocken Stil gebaut und war 18 Klafter lang, 6 Klafter und vier Fuß breit und der Turm war 21 Klafter und vier Fuß hoch (1 Wiener Klafter ist 1,89 m). Die Baukosten betrugen 5550 Gulden. Im “Contract”, der im Heimatbuch “Wie die Ähren im Wind” auf Seite 163 abgedruckt ist, werden die Bedingungen genau aufgeführt. Erbaut wurde sie von Mathias Gröhlich aus Neusatz. Sie musste spätestens bis 1825 fertig gestellt sein und der Maurermeister verbürgte sich mit seinem gesamten Vermögen für die Fertigstellung der Kirche samt „dazugehörigen Mauer, Zierarten und Verschönerungen“.

   Jareker Kirche (von der Hauptgasse her
    gesehen) mit dem großen Tor und der
    schönen schmiedeeisernen Einfriedung.

Modell der Jareker Kirche
von Franz Fuderer (+), mit Lutherdenkmal
(rechts) und Ahnendenkmal (links)
.

Die innere Ausgestaltung war anfangs recht bescheiden. Sie war wohl innen und außen weiß getüncht. Der Graf hatte nach mündlicher Überlieferung den Altar gestiftet, die andern Kirchengeräte hatte man aus dem alten Bethaus übernommen. Am „Sonntag nach Gallus“, also am 3. Sonntag im Oktober 1823 riefen die beiden Glocken die Einwohner von Jarek zur Einweihung ihrer schönen neuen Kirche, die in der Rekordzeit von genau einem Jahr erbaut worden war. Pfarrer Johann Korossy, sen., der Nachfolger von Pfarrer Gets hielt die Kirchweihpredigt. Über dem Haupteingang stand: „Soli Deo Gloria“, allein Gott in der Höh sei Ehr.

Das hielt die Plünderer nicht ab, im Revolutionsjahr 1848 (Link), als das ganze Dorf abbrannte, in die Kirche einzudringen, den Altar und die Kanzel zu zerschmettern, das Gestühl zu zerschlagen und die Glocken vom Turm zu rauben und wegzufahren.

Der Glaube und der Opferwille unsere Ahnen waren gewaltig, als sie 2 Jahre nach der „Ausreiß“ in ihr völlig zerstörtes Dorf zurückkehrten und daran gingen, den verwüsteten Innenraum ihrer Kirche zu säubern, die Trümmer von Altar und Kanzel wegzuräumen. Pfarrer Johann Korossy jun., der seinem Vater im Jahr 1842 als Pfarrer nach gefolgt, weihte die Kirche. Die Glocken wurden 1857 in Karlovac entdeckt und wieder zurückgebracht. Für Altar und Kanzel sammelte man aus privaten Spenden bis 1868 1350 Gulden. Der Bildhauer Kister aus Neusatz errichtete beide und bis zur Zerstörung der Kirche im Jahr 1946 blieben sie dann so erhalten.

Bereits im gleichen Jahr plante man die Anschaffung einer Orgel, die 2 Jahre später auch für 3200 Gulden gekauft wurde. Wenn man bedenkt, dass die Jareker für den Wiederaufbau ihrer Häuser einen großen Kredit aufnehmen mussten, den sie nur mühsam zurückzahlen konnten (Link), war diese Leistung auch gewaltig.

Im Laufe der Jahre wurden die Glocken schadhaft und sollten ersetzt, bzw. umgegossen werden. Wieder waren es hochherzige Spender, die der Gemeinde schließlich im Jahre 1912 drei neue Glocken für 3106 Kronen stifteten, der Kircheninspektor Michael Lenhardt und seine Frau Dorothea geb. Krumm. Aber diese Glocken sollten nur wenige Jahre ihren Dienst tun. Im November 1916 wurden die größte und kleinste Glocke vom Militär eingezogen und erst im Jahr 1923 konnten diese Glocken ersetzt werden und wurden vom 4. Jareker Pfarrer, dem Senior Peter Wack (1824-1928), feierlich eingeweiht.

Schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren die Jareker zu Wohlstand gekommen und gingen daran, das Kircheninnere neu zu gestalten. Bis dahin war sie innen weiß gestrichen, so wie man sie nach der Zerstörung wieder hergestellt hatte. Jetzt wurde über dem Altar ein 9,5 Quadratmeter großes Ölgemälde angebracht, das die Einsetzung des heiligen Abendmahls zeigte. Es wurde von einem italienischen Maler angefertigt. Rechts und links an den Seiten zierten 2 Gemälde von Luther und Melanchthon die Wände in den Rundbögen. Im Jahr 1902 wurde die Kirche von Pfarrer Peter Wack neu eingeweiht.



Das Innere der Kirche nach
der Renovierung im Jahr 1902.

(Bild: Vom Einbanddeckel des Buches
  “Jarek in Gegenwart und Geschichte”
    von Rosi Amthor.)

In den darauf folgenden Jahren sammelte man Geld für eine schmiedeeiserne Einfriedung des Kirchhofs. Ein Jahr später, im Jahr 1912, stiftete der Kurator Georg Reichert und seine Frau das Lutherdenkmal zum Andenken an ihre verstorbene Tochter Theresia. Es bestand aus Terrakotta Material, war mannshoch und stand auf einem 1,20m hohen Kunststeinsockel. Im nächsten Jahr errichtete man eine kleine Anlage aus Buchsbäumen um das Denkmal herum.



Bei der Enthüllung
des Lutherdenkmals 1912
waren anwesend:


(von links nach rechts)
Pfarrer Peter Wack,
Notar Ewinger,
Inspektor Johann Lenhardt,
Stifter Georg Reichert,
Kassier Sebele
und Lehrer Wilhelm Heinz

Im Laufe der folgenden Jahre wurden große Summen in die Renovierung des Kirchturms und die Neueindeckung des Kirchendachs gesteckt und die Kirche wurde außen geweißelt, so dass sie beim 100 jährigen Kirchenjubiläum im Jahr 1923 , das mit einem großen Fest gefeiert wurde, in neuem Glanz erstrahlte. Auch im Inneren wurde die Kirche durch viele weitere Stiftungen laufend verschönert.

An die Toten des I. Weltkriegs erinnerte man mit einer Marmortafel, die im Inneren der Kirche angebracht wurde und auf der alle 85 Namen der gefallenen Jareker aufgeführt waren. Sie wurde im Jahr 1927 enthüllt. Auch der elektrische Strom hielt Einzug in die Kirche. Die gestifteten Lüster wurden erst im Jahr 1935 an das Stromnetz angeschlossen. Im Dorf war der Strom schon im Jahr 1922 eingeführt worden.


Die Einweihung des Ahnendenkmals
auf dem Kirchhof im Jahr 1937.


Vor der Errichtung des Ahnendenkmals hatte man das Lutherdenkmal aus der Mitte
des kleinen, mit Buchsbäumen eingefassten, Platzes nach rechts unter die Bäume gerückt.
Das Ahnendenkmal stellte man dann gegenüber auf der linken Seite auf.
(Der Redner auf dem Bild links oben ist nicht bekannt.)

Schließlich kam die Krönung der Außenanlage in Gestalt des Ahnendenkmals aus schwarzem Marmor. Auch dieses Denkmal wurde mit Spenden finanziert Es sollte zur 150 Jahrfeier im Jahr 1937 an die 80 Ansiedlerfamilien erinnern, die im Jahr 1887 über Ruma nach Jarek gekommen waren. (“Link zu: Winter in Ruma”) In seinem oberen Teil ziert es ringsum das Wappen der Jareker, der Pelikan und auf der anderen Seite die Pflugschar und das Sech. Der Pelikan ist ein Symbol für die vielen Opfer, die die Jareker im Laufe ihrer Geschichte immer wieder brachten. Mit Hilfe der Pflugscharen und ihres unermüdlichen Fleißes hatten sie es trotzdem geschafft aus dem fruchtbaren Boden der Pannonischen Tiefebene so gute Erträge zu erwirtschaften, dass sie nach all den Rückschlägen im vergangenen Jahrhundert schließlich eine solide Existenz aufbauen konnten.

Pfarrer Jakob Wallrabenstein aus einer Jareker Familie, der u.a. in Bethel tätig war, (“Link zu: Jareker Pfarrer”) hat auf dem Festpapier zur 150 Jahrfeier das Wappen mit folgendem kleinen Vers erklärt. (a. a. O. S. 181):

Drei Bildchen auf dem Sigillum zu sehen sind:
Der blutende Pelikan, wie er nährt sein Kind.
Unten aus einem Pflug das Sech und Schar,
als Symbol harter Arbeit fürwahr.
Aufopfernde Liebe und harte Arbeit, diese zwei,
als Tugenden der Ahnen in erster Reih,
und sie sollen es bleiben
für ewige Zeiten.

Diese 3 Bilder oben stammen vom Jareker Gedenkstein auf dem Jareker Platz am Eingang
des Friedhofs unserer Patengemeinde Beuren. Ganz links ist ein Pflug-”Sech” und ganz rechts
ein Pflug-”Schar” zu sehen.
(Erklärungen zu “Sech” und “Schar”: siehe unten.)
Der Pelikan ist das Wappentier der Gemeinde Jarek. Er breitet schützend die Flügel
über seinem Nachwuchs aus und ernährt ihn in Notzeiten sogar mit seinem eigenen Blut.

Die Jareker hatten wahrlich allen Grund zu feiern! Das taten sie dann auch mit einem großen Fest, bei dem das ganze Dorf teilnahm und natürlich auch Freunde und Verwandte aus allen Nachbardörfern. Im Zuge der Ahnenforschung hatte man auch Verwandte aus Deutschland ausfindig gemacht, die nun in recht großer Zahl zu Besuch nach Jarek gekommen waren.

Pfarrer Franz Morgenthaler (Junior) hielt die Festpredigt. Er hatte das Pfarramt schließlich im Jahr 1935 nach über einjähriger Pfarrvertretung durch Pfarrer Haas von seinem Vater übernommen. Dieser war als Nachfolger von Peter Wack (1884-1928) nur 6 Jahre lang Pfarrer in Jarek gewesen, nämlich von 1928 bis 1934. Er stammte aus einer Jareker Familie. Auch seinem Sohn war es nicht vergönnt, das Pfarramt in Jarek länger als 8 Jahre auszuüben. Er verstarb im Jahr 1943 im Alter von nur 34 Jahren.

Die Jareker blieben von den Kriegsereignissen des 2. Weltkriegs nicht verschont und langsam füllte sich die Wand neben der Marmortafel mit Namen der Gefallenen aus dem I. Weltkrieg mit Bildern der Gefallenen aus dem neuen Krieg. Darunter standen dann ihre Namen.


Im Schicksalsjahr 1944 sollte die Geschichte des Donauschwäbischen Dorfes Jarek schließlich ein Ende finden. Als die Jareker am 6. und 7. Oktober 1944 in mehreren Trecks ihr schönes Dorf verließen, spielte Lehrer Wilhelm Heinz auf der Orgel: „Ein feste Burg ist unser Gott“ und viele andere alt vertraute Kirchenlieder. Die Menschen blickten immer wieder bei ihrem Auszug aus dem Dorf auf ihrem traurigen Weg wehmütig auf ihren Kirchturm zurück, bis er schließlich ihren Blicken entschwand. 157 Jahre lang hatten sie und ihre Ahnen in diesem Gotteshaus während vieler Schicksalsschläge Hilfe und Trost gefunden. Es war für sie das Sinnbild ihres Dorfes. Keiner von ihnen dachte daran, dass er es wohl nie mehr wieder sehen würde, denn die Hoffnung stirbt zuletzt. Kein einziger von ihnen hat die Kirche wieder gesehen, denn sie wurde im Jahr 1946 von den Partisanen gesprengt. Man erzählte mir, dass die Russen und Partisanen bei ihrem Einzug ins Dorf auf das Lutherdenkmal schossen, in der Meinung, es wäre ein Hitler Denkmal.

Als die Kirche schließlich 2 Jahre später endgültig zerstört wurde, da waren die Flüchtlinge schon in alle Welt verstreut. Es dauerte viele Jahre, bis die ersten von ihnen es wagten, wieder „heim“ zu fahren und sie waren entsetzt, als sie an Stelle der Kirche einen Supermarkt fanden. Der steht noch heute dort.


Leider sind keine wirklich guten Bilder von der Kirche erhalten. Franz Fuderer hat ein Modell angefertigt, dass ahnen lässt, wie schön die Kirche und der Kirchhof einmal waren. Vom Lutherdenkmal habe ich nur das Bild aus dem Heimatbuch gefunden. Den Jarekern aber wird ihr einst so geliebtes Gotteshaus immer in ihrer Erinnerung und in ihrem Herzen bleiben.


(Quelle: Batschki Jarak- Jarek. J. Schmidt et al, Werbas 1937 (S. 105 ff)

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Dieses Bild der Jareker Kirche wurde
einige Jahre nach dem 2. Weltkrieg gemalt.

Der Künstler oder die Künstlerin
ist leider nicht bekannt.

Bestimmt stammt “er” oder “sie” aber
aus Jarek und hat dort auch Kindheit,
Jugend und viele schöne Jahre verbracht,
bis zur Flucht der Jareker im Oktober 1944.

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Erklärungen zu ”Sech” und “Schar”, den schneidenden Teilen des Pflugs:

Das “Sech”
(auch Pflugsech, Pflugmesser, Vorschneider oder Vorschäler genannt) ist das Teil an einem Pflug (4), das den Boden vor dem Pflugschar senkrecht einschneidet und früher meistens die Form eines langen, leicht gekrümmten Messers hatte. Seit dem Mittelalter gehörte in Mitteleuropa meistens ein Sech zum Pflug. Das senkrechte Abschneiden des Bodens war eine gravierende Verbesserung der Pflugarbeit, da der Zugwiderstand geringer und das Arbeitsergebnis besser wurde.

Das (oder auch die) “Schar” ist die Schneide des Pfluges. Das Pflug-Schar ist das den Boden horizontal schneidende Messer, manchmal noch unterteilt in den vorschneidenden ”Meißel“ und das nachschneidende eigentliche Schar.

Teile des Pfluges:

1 - Gestell, Rahmen
2 - (3-Punkt-)Verbindung
3 - Höhenregulierer
4 - Sech
5
- vorschneidender Meißel
6 - Pflug-Schar
    
 früher war auch 5+6
     zusammen das Schar
7
- Streichblech (Pflug)

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