Bericht von der Jarek-Reise im Juni 2010
Jarek - Reise vom 3. bis 8. Juni 2010
mit dem Ortsausschuss Jarek
Reiseleitung: Inge Morgenthaler und Michael Rettinger
Bild 1 - Die Jareker Reisegruppe vor dem Parkhotel in Novi Sad. Zweiter von links:
Michael Rettinger, rechts daneben: Michael Schmidt, 2 nach rechts und 1 nach
oben: Inge Morgenthaler, vorne in der Hocke: “Benni” unser Reiseführer und
ganz rechts: Dragan unser Busfahrer (beide aus Novi Sad / Serbien).
Es war eine bunt gemischte Gruppe von 42 Personen, die sich am 3. 6. 2010 am Flughafen in Stuttgart einfand, um nach Belgrad zu fliegen und von dort aus Jarek zu besuchen. Ein Drittel gehörte zu den Jahrgängen 1927 bis ca. 1935. Sie hatten als junge Leute noch in Jarek gelebt und sie wollten ihre Erinnerungen wieder auffrischen und ihre Heimat noch einmal sehen. Ein weiteres Drittel zwischen den Jahrgängen 1937 und 1944 war zwar in Jarek geboren, aber hatte nur noch schwache Erinnerungen an das Dorf oder gar keine mehr. Die meisten dieser Gruppe kamen mit ihren Ehepartnern, die keine Jareker waren. Die letzte Gruppe schließlich war die Nachkriegsgeneration, die Jarek nur aus Erzählungen der Eltern und Großeltern kannte und sehen wollte, wo diese gelebt hatten. Wie würden sich alle diese unterschiedlichen Menschen zusammenfinden? Konnte das gut gehen?
In Belgrad wurden wir von einem jungen Reiseleiter der Firma Elnostours, Novi Sad, in Empfang genommen, der in Berlin sein Abitur gemacht hatte und daher perfekt Deutsch sprach. Die Firma Elnos Tours hatte diese Reise nach meinen Plänen organisiert. Michael Rettinger hat sich um den finanziellen Teil der Reise gekümmert.
Nach einer angenehmen Fahrt kamen wir im Park Hotel Novi Sad an, wo wir unsere Zimmer bezogen. Es gehört zu den 5 besten Hotels in Serbien. Nachdem wir uns etwas erfrischt hatten, fuhren wir mit unserem Bus ins Stadtzentrum. Am neuen Nationaltheater begann die Stadtführung durch die Fußgängerzone. Alle beeindruckte der große Platz vor dem prächtigen Rathaus, die neu renovierte katholischen Kirche und die schönen alten Jugendstilhäuser ringsum.
Bei einem Spaziergang durch die Fußgängerzone in Richtung Bischofspalais konnten wir weitere Jugendstilhäuser bewundern. Novi Sad ist heute eine sehr lebendige Stadt. Fast in jedem Haus dieser Straße ist ein Cafe oder ein Restaurant mit Tischen und Stühlen davor. Die untere Fußgängerzone in Richtung Donaupark ist besonders schön renoviert. Überall findet man dort kleine Passagen mit modernen Geschäften, die trotz des Feiertags alle offen waren.
Nach der Stadtführung nahmen wir in einem sehr schönen alten Traditionsrestaurant in einer Seitenstraße unser Abendessen ein. Wir bekamen ein ausgezeichnetes Menü und einen guten Banater Wein. Der Bus brachte uns dann später wieder ins Hotel zurück, und wir verbrachten dort unsere erste Nacht.
Am Freitag, den 4. 6., nach einem guten Frühstück vom Buffet mit vielen Serbischen Wurst und Käsespezialitäten, sollte nun das große Ereignis in Jarek stattfinden, auf das wir neun Jahre lang gewartet hatten: Die Enthüllung einer Gedenktafel im Gemeindehaus. (Siehe dazu den nachfolgenden Bericht: Gedenkfeiern in Jarek.) Unser Bus brachte uns schließlich von Novi Sad über den Kanal auf die Straße nach Jarek. Hier fuhren wir nun durch die weite Ebene der Batschka hinein in unser Heimatdorf, dem wichtigsten Ziel unserer Reise. Allen denen, die es von früher kannten, kam es sehr fremd vor.
(1. Teil – veröffentlicht im “Das Donautal-Magazin“ Nr. 162 vom 1. September 2010)
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(2. Teil - veröffentlicht im “Das Donautal-Magazin“ Nr. 163 vom Dezember. 2010)
Die alten Häuser in der unteren Hauptgasse auf der linken Seite sind fast alle abgerissen und durch neue ersetzt. Auf der rechten Seite stehen doch noch einige, aber zum Teil mit hässlichen Anbauten. Im ehemaligen “Großen Wirtshaus“ gibt es eine Apotheke, daneben ein Blumengeschäft. Dahinter steht die neue orthodoxe Kirche.
Vor dem Mittagessen hatten wir noch die Gelegenheit, uns einen ersten Eindruck vom Dorf zu verschaffen. Wir spazierten in kleinen Gruppen durch den Ort, versehen mit Kopien vom alten und neuen Ortsplan, in dem auch die kleinen Straßen zwischen den Gärten eingezeichnet sind, die alle mit neuen Häusern bebaut wurden. Bački Jarak hat heute ca. 8.000 Einwohner.
Seit unserem Besuch im Jahr 2006 sind in der Hauptstraße einige sehr schöne neue Geschäfte entstanden. Auch wurde in der oberen Hauptgasse an einigen Fassaden der Stuck erneuert und die Häuser wurden in bunten Farben gestrichen. Mir fiel auf, dass die im Jahr 2006 neu renovierten Häuser inzwischen wieder ihre Farbe verloren haben. Man erklärte mir, dass die Farbe, vom “Saliter“ zerstört wird, der von unten in die Fassaden zieht. Nicht umsonst haben die Jareker Frauen früher die Häuser jedes Jahr vor “Kerweih“ geweißelt.
Am Nachmittag spazierten wir wieder durch das Dorf. Wir konnten in einige Höfe hinein gehen und wir hatten den Eindruck, dass die Leute auf uns warteten. Sie grüßten uns freundlich und hätten gerne mehr mit uns gesprochen, was leider an der Sprache scheiterte. Die meisten der alten großen Querhäuser in der Haupt-, Spital- und Wassergasse gehören zwei Besitzern. Häufig ist die eine Hälfte der Fassade renoviert und die andere verfällt. Wir sahen auch mehrere Zäune, die die alten Höfe und Gärten genau in der Mitte durchtrennen. Die alten Vorderhäuser sind meistens vermietet, und die Besitzer haben sich neue Häuser im Hof angebaut, da wo früher die Laubengänge und Ställe waren.
Am Abend fuhren wir zum Essen in einen “Gäste-Salasch“ nach Cenej, der auf Jareker Gemarkung liegt. Leider konnten wir nicht unter den schönen alten Nussbäumen sitzen, da es in Strömen regnete. Das Innere war aber im alten Stil dekoriert, und wir verbrachten dort einen gemütlichen Abend.
Auch am Samstag war ein Besuch in Jarek vorgesehen. Diesmal ging ich in die Häuser meiner Großeltern und wurde dort sehr freundlich empfangen. Man hieß mich herzlich willkommen und bat mich, unbedingt wieder zu kommen zu einem längeren Besuch.
Das Mittagessen nahmen wir an beiden Tagen im großen Gasthaus in der Kreuzgasse ein. Unser Reisebüro hatte zu unserer Unterhaltung am Freitag eine “Banda“ (eine Folklore-Kapelle) und am Samstag eine junge Volkstanzgruppe organisiert, die uns serbische Tänze und Lieder vorführte. Die hübsch gekleideten Jungen und Mädchen gaben sich große Mühe und freuten sich über ein schönes Trinkgeld.
Danach fuhren wir nach Temerin zur “Bohnensuppen-Weltmeisterschaft“, zu der uns sowohl Herr Mandic, der Ortsvorsteher von Bački Jarak, als auch der Bürgermeister von Temerin, Herr Gustonj, eingeladen hatten. Es war ein lautes und unterhaltsames Volksfest.
Daher kamen wir abends etwas später auf die Festung Peterwardein. Die Fassade des Restaurants dort ist neu renoviert, die Fotos von den zerbombten Donaubrücken sind abgehängt, und die Novi Sader genießen das Leben. Alle Tische auf der großen Aussichtsterrasse waren besetzt. Also genossen auch wir unser Abendessen mit Blick auf die vorbeiziehenden Donauschiffe und die untergehende Abendsonne, natürlich wieder mit einem guten Banater Wein.
Wir wollten ja auch etwas von der Vojvodina sehen und deshalb hatte ich für den Sonntag eine Fahrt in die Fruska Gora geplant. Wir überquerten die Donau über die neue Brücke, die mit EU-Geldern erbaut und 2006 eröffnet worden war, fuhren durch Kamendin (Kamenica) mit den Villen der reichen Serben, danach durch den Wald des Nationalparks bis zum Kloster Neu-Hopovo. Von den ehemals 35 serbisch-orthodoxen Klöstern sind 17 erhalten. Diese Klöster mit ihren alten Fresken und Ikonostasen zählen zu den schönsten in Europa. Auch das nächste Kloster, Krusedol, war frisch renoviert und machte einen sehr einladenden und freundlichen Eindruck Unsere Fahrt ging dann durch die Weinberge und Obstplantagen hinunter zur Donau, die als mächtiger breiter Strom vor uns lag bis nach Sremski Karlovci.
Im neuen Restaurant “Dunav“, direkt am Ufer der Donau, waren auf einer riesigen Terrasse Plätze für uns reserviert. Wir konnten die vorbeiziehenden Schlepp- und Schubkähne fast “hautnah“ erleben. Durch die vielen Regenfälle gab es Hochwasser, und der breite Donaustrom beeindruckte uns sehr.
Zur Wein- und Honigprobe spazierten wir in einen gemütlichen Garten ins Honigmuseum am anderen Ende der Stadt. Wir waren schon die Xte Gruppe an diesem Tag und das Brot war ausgegangen. Der berühmte Riesling, den schon die Römer in der Fruska Gora angebaut hatten, hätte uns mit etwas Brot besser geschmeckt. Wir konnten sowieso keinen mitnehmen, aber dafür kauften wir den herrlichen Akazienhonig von den riesigen Bäumen hinter dem Haus.
Auf dem Rückweg nach Novi Sad fuhren wir an der Kirche “Maria Schnee“ vorbei und machten kurz halt. Es ist die berühmte Wallfahrtskirche der katholischen Donauschwaben, die an der Stelle erbaut worden war, wo Prinz Eugen am 5. August 1716 ein türkisches Heer besiegt hatte, das mehrfach in der Übermacht war. Es soll Schnee gefallen sein, der den Kampfesmut der Türken lähmte, weil sie an ein Wunder glaubten.
Unser Reiseleiter brachte uns danach auf die Fischerinsel in Novi Sad in ein nagelneues, supermodernes Fischlokal in der Form eines Schiffes. Hier bekamen wir eine hervorragende Fischsuppe und ausgebackene Donaufische. Auch von hier aus konnten wir die vorbeiziehenden Boote ganz nah sehen, weil das Wasser fast bis zum Haus bzw. Schiff reichte. Nach diesem abwechslungsreichen Tag kamen wir müde in unserem Hotel an, bereit für unsere letzte Nacht in Novi Sad.
Am nächsten Morgen hieß es Abschied nehmen von Novi Sad, aber vorher besuchten wir noch den “Piaz” (Markt), um letzte Einkäufe zu tätigen und uns mit handgemachten feinen Nudeln zu versorgen, die es nur dort zu kaufen gibt. Unser Bus fuhr danach auf der Autobahn durch die weiten Ebenen der Batschka, über die breite Donaubrücke bei Baja bis nach Belgrad. Der neue lokale Stadtführer brachte uns zuerst auf die Festung Kalemegdan, von wo wir eine herrliche Aussicht auf den Zusammenfluss von Save und Donau hatten. Von da aus spazierten wir durch die Prachtstraßen der Fußgängerzone, am Nationaltheater und Museum vorbei zum Restaurant. Auch diese Häuser waren schön renoviert, aber die Blicke in die Seitenstraßen ergaben ein anderes Bild. Es gibt noch unendlich viel zu tun in dieser Stadt. “Wenn wir in die EU kommen wird alles anders“, sagen viele.
Nach dem Mittagessen, das wir fast nicht zwingen konnten, machten wir eine Stadtrundfahrt, vorbei an zerbombten Gebäuden aus dem letzten Krieg, die man stehen gelassen hatte. Unsere Rundfahrt endete mit der Besichtigung der Kirche des heiligen Sava, des Nationalheiligen der Serben. Hier endete auch die Gehfähigkeit unseres lieben Michael Schmidt. Er brach sich in der aller letzen Viertelstunde einige Zehen, was ihn aber nicht daran hinderte, den letzen Abend im Hotel zu einem bunten Abend zu gestalten. Er ließ ein Feuerwerk von Gedichten, Liedern in drei Sprachen und Anekdoten auf uns herunterprasseln, dass es nur so eine Freude war.
Am nächsten Morgen brachte uns unser Bus zum Flughafen, wo wir uns von unserem Reiseleiter Benny verabschiedeten, der uns jeden Tag bis spät in die Nacht betreute, für uns dolmetschte und dafür sorgte, dass alle Angaben seines Chefs, Alexander Vranic, so ausgeführt wurden, wie ich das mit ihm abgesprochen hatte. Es hat alles hervorragend geklappt, und das Reisebüro Elnos Tours hat zu unserer vollsten Zufriedenheit gearbeitet.
Es hatte sich sehr schnell herausgestellt, dass alle Teilnehmer trotz der großen Altersunterschiede ausgesprochen gut miteinander auskamen und eine harmonische Gruppe bildeten. So wie man mir bestätigte, hat allen die Reise sehr gut gefallen. Für die meisten wird es wohl die letzte Reise in die alte Heimat gewesen sein, aber einige sagten, dass sie wieder hinfahren wollten, wenn das Gedenkkreuz bei den Massengräbern in Jarek eingeweiht würde.
Inge Morgenthaler
OA Jarek, 21.07.2010
(1. Teil – veröffentlicht im “Das Donautal-Magazin“ Nr. 162 vom 1. September 2010)
(2. Teil - veröffentlicht im “Das Donautal-Magazin“ Nr. 163 vom Dezember. 2010)
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