Die Herkunft der Familie Greuling

von  Franz Greiling, Stuttgart

hr der Jareker Greuling war Thomas Greiling, verheiratet mit Anna Maria (Nachname unbekannt) aus Frickenhausen bei Nürtingen. Er dürfte irgendwo zwischen Kirchheim/Teck und Reutlingen im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts geboren sein.

Sein Sohn Jeremias Greiling, geb. am 1. Dezember 1701, war verheiratet mit Anna Catharina Schöck. Er war Schulmeister in Frickenhausen. Die Besoldung der Schulmeister in Frickenhausen war zu jener Zeit "außerordentlich gering". Als Schulmeister hatte er auch den Mesner-Dienst und die Kelterschreiberei zu erledigen. Für alle diese Tätigkeiten erhielt er nicht viel mehr Lohn als der Dorfbüttel. Es wundert nicht, dass er in Erwartung einer besseren Stelle seine schwäbische Heimat verlies und weit weg, bis nach Linx in Baden zog.

Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er in Linx Agnes Grosshanns aus Neuweiler bei Calw im Schwarzwald. In Linx war er von 1730 bis 1738 wieder Schulmeister. In den Kirchenbüchern von Linx wird er als Jeremias "Greylin" geführt.
Jeremias' Sohn Jacob Greylin (Greiling), Bürger von Linx und Schuhmacher wanderte mit seiner Frau Anna Maria Meyer 1770 von Linx nach Dendorf bei Schäßburg in Siebenbürgen aus. Zu jener Zeit sind allein aus dem kleinen Dorf Linx 24 Personen ausgewandert, die meisten nach Siebenbürgen in Ungarn. Der Grund waren gestiegene Bevölkerungszahl, Missernten, Teuerung und Hungersnot. Da sie evangelisch waren, konnten sie damals nur in eine Gegend auswandern, die eine evangelische Bevölkerung hatte. So kamen sie nach Siebenbürgen, wo es schon seit einigen Jahrhunderten eine deutsche Bevölkerung gab, die "Siebenbürger Sachsen". Diese stammen von der Mosel und aus Luxemburg. Sie waren seit der Reformation evangelisch.

Jacob und seine Familie dürften in Dendorf nicht heimisch geworden sein und sie zogen weiter ins Pester Komitat (Harta) in Ungarn, das ist die Gegend östlich um das heutige Budapest.

1780 wurde Kaiser Joseph II. Alleinherrscher in Österreich-Ungarn. Er gewährte Religionsfreiheit und es durften dann auch evangelische Ansiedler überall ins Land.
1786 zog Jacob mit seiner Familie nach Ruma, südlich von Neusatz (Novi Sad) in Syrmien gelegen. Dort hatte ihnen Graf Sigismund Pajaschevich Land und eine Hofstelle versprochen. Diese Versprechung hat er nicht gehalten. Mit vielen anderen Siedlungswilligen, hauptsächlich Württembergern, mussten sie im Winter 1786/87 in Erdhöhlen hausen.

Es gab massenhaft Tote und viele haben das Frühjahr nicht mehr erlebt. Jacob und seine Familie hatten Glück, sie überlebten. Der Notschrei der Überlebenden gelangte bis zum Kaiser Joseph II. nach Wien. Endlich wurden sie dann in Jarek 1787 unter Haus Nr. 87 angesiedelt. Der Leidensweg hatte ein Ende gefunden. Jarek war dann auch die letzte donauschwäbische Ansiedlung.
 
So haben die Greylin (Greiling) - später Greuling - nach einem langen Leidensweg eine endgültige Bleibe in Jarek gefunden. Nicht nur Jacobs Familie hatte eine unglaubliche Odyssee hinter sich, bis sie in Jarek eine Heimat fand. Auch die Familien von Vater Jeremias und Großvater Thomas hielt es nie lange an einem Ort. Es waren arme Leute, in schweren Zeiten unentwegt auf der Suche nach einer besseren Zukunft.

Die Schreibweise des Namens ist eine Geschichte für sich. In den Kirchenbüchern von Frickenhausen steht "Greiling", in den Kirchenbüchern von Linx steht "Greylin", in der Literatur über die Auswanderer aus Baden (Prof. Hacker) steht wieder "Greiling". In Jarek wurde der Name "Kreuling" und schließlich "Greuling" geschrieben. In die Nachbargemeinde Waldneudorf (Budisava) abgewanderte Jareker schreiben ihren Namen bis heute "Greiling", während in Jarek für die Schreibweise des Namens "Greuling" galt.

Die Herkunft der Greuling (damals noch Greiling) liegt im nördlichen Vorland der Schwäbischen Alb. Zuletzt waren sie in Frickenhausen ansässig. Frickenhausen liegt südöstlich von Stuttgart zwischen Nürtingen und Neuffen. Frühe Eisenproduktion und Wein- und Landbau haben das kleine Dorf geprägt. Armut, Fron- und Kriegsdienste waren ständige Begleiter. Heute ist Frickenhausen eine große und wohlhabende Gemeinde, die ihre Lehrer jetzt sicher besser entlohnen kann.

Ausgewandert ist Jacob Greylin (Greiling) aus Linx, heute Teilort der Stadt Rheinau. Linx liegt im so genannten "Badischen Hanauer Ländchen" rechtsrheinisch nördlich von Straßburg zwischen Kinzig und Rench. Es gehörte zur Grafschaft Hanau-Lichtenberg, die im fernen Darmstadt residierte. Seit dem 16. Jahrhundert war die Herrschaft evangelisch-lutherisch. Linx hat, wie viele andere Orte am Rhein, eine wechselvolle und auch leidvolle Geschichte. Durch die Lage an der Grenze war es wiederholt Schauplatz von Kämpfen und Besetzungen. Oft musste sich die Bevölkerung auf die Inseln des nahen, damals noch unregulierten Rheins - auf die "Wörthe" - retten und verbergen. Heute lebt man in Linx in Frieden - auch mit dem französischen Nachbarn.

Alle Greuling in Jarek stammen von Jacob und seiner Frau Anna Maria ab. Sein Nachfahr Jakob Greuling war der vorletzte Richter (Bürgermeister) von Jarek, Franz Greuling war engagierter Lehrer und Dr. Michael Greuling war Arzt in Jarek.

In Jarek kam der Name Greuling oft vor, am zweitmeisten. In Frickenhausen und in Linx gibt es keine Träger dieses Namens mehr. Anna Maria Meyer, die aus Linx stammende Frau des Einwanderers hat in Linx und in den Nachbarorten hingegen noch viele Nachkommen von Vorfahren (Meyer, Weber, Hauss, Hätz, Heyd, Fischer).
Die Jareker Greuling mussten 1944 ihre Heimat, ihr Dorf, ihre Häuser, ihre Grundstücke und ihr Hab und Gut verlassen. Was zurückblieb, wurde geplündert, das Grundeigentum wurde enteignet. Seit über 60 Jahren leben die meisten von ihnen heute im Land, aus dem ihr württembergischer Vorfahr und ihre badische Vorfahrin im 18. Jahrhundert ausgewandert sind.

Beuren, Nachbargemeinde von Frickenhausen, ist heute Patengemeinde von Jarek. Der Thomas und der Jeremias hätten sich damals, vor fast 300 Jahren in Frickenhausen, sicher gefreut, es hätte ihnen jemand dies vorausgesagt.